Medienbildung in der Schule ist mehr als digitale Bildung – Medienpädagogik positioniert sich zur Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“

Positionspapier der GMK zum Stand der schulischen Medienbildung zum Schuljahr 2018/19

Die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) nutzt den Anfang des neuen Schuljahres, um erneut auf die Notwendigkeit und Dringlichkeit von Medienbildung in der Schule hinzuweisen. Wir möchten Chancen, aber auch Probleme benennen, wenn Begriffe wie Medienbildung und Medienkompetenz von „informatischer“ oder „digitaler Bildung“ überlagert und z.T. auch ersetzt werden.

Mit diesem Positionspapier knüpfen wir an die von der Kultusministerkonferenz (KMK) im Dezember 2016 verabschiedete Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ an, die mit Beginn des Schuljahres 2018/19 sukzessive umgesetzt werden soll. Ziel ist es, für alle Schüler*innen ab dem 1. August 2018 ein verbindliches Kompetenzmodell zu entwickeln. Den Einstieg machen in diesem Schuljahr die Schüler*innen der ersten und fünften Klassen. Am Ende ihrer Pflichtschulzeit sollen sie die von der KMK formulierten Kompetenzen erworben haben.

In den einzelnen Bundesländern wurden und werden die bestehenden Konzepte in die Richtung der KMK-Vorgaben modifiziert. An verschiedenen Stellen wurden auch erstmalig (Teil-) Konzepte entwickelt. Medienpass, Mediencurriculum, Orientierungsrahmen Medienbildung und noch einige andere mehr sind die Schlüsselbegriffe, die in den Ländern für die Verankerung in den Schulen stehen.

Diese Bemühungen, eine fächerübergreifende und in der Umsetzung fächer-integrative Medienbildung zu realisieren, werden vom Bundesvorstand und der Fachgruppe Schule der GMK grundsätzlich begrüßt. Kritisch anmerken möchten wir, dass die inhaltlichen Schwerpunktsetzungen im Bereich der Curricula und auch die strukturellen Voraussetzungen zur Umsetzung von Medienbildung an Schulen sehr variieren. Die Konsequenz davon ist, dass z.B. mit der derzeitigen Regelung noch sieben Jahrgänge die Schule mit dem Abitur verlassen, ohne die Möglichkeit zu haben, eine systematische Medienkompetenz zu erwerben – nicht zuletzt, weil die entsprechenden Angebote und zumeist auch die entsprechend qualifizierten Lehrkräfte fehlen.

Zudem nimmt die GMK derzeit die Tendenz wahr, dass der Begriff der Medienbildung sowohl im Hinblick auf den historisch gewachsenen Medienbegriff als auch bezogen auf die Ziele verkürzt wird. Medienbildung ist mehr als der kompetente Umgang mit Technik und Standardsoftware, sie umfasst sowohl das Lernen mit Medien als auch das Lernen über Medien.

Die GMK stellt mit Bedauern fest, dass in der neuesten KMK-Erklärung drei zentrale Handlungsfelder, nämlich „Schulentwicklung“, „Kooperation mit außerschulischen Kooperationspartnern“ sowie der Bereich „Qualitätssicherung und Evaluation“ gestrichen wurden.

Die GMK möchte die Bildungspolitiker*innen in den Ländern ermutigen, sich in diesem Kontext auch an der KMK-Erklärung von 2012, die ja ausdrücklich als integraler Bestandteil der KMK-Strategie von 2016 verstanden wird, zu orientieren – und damit explizit an einem umfassenden Medienbegriff festzuhalten, der sowohl analoge als auch digitale Formen umfasst und nur so eine ganzheitliche Medienbildung ermöglicht. Die GMK ruft hierzu die Definition von Medienbildung von Gerhard Tulodziecki in Erinnerung, die bereits der KMK-Erklärung von 2012 zugrunde lag: „Schulische Medienbildung versteht sich als dauerhafter, pädagogisch strukturierter Prozess der konstruktiven und kritischen Auseinandersetzung mit der Medienwelt.“ Und weiter: „Sie [die Medienbildung] zielt auf den Erwerb und die fortlaufende Erweiterung von Medienkompetenz; also jener Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ein sachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozial verantwortliches Handeln in der medial geprägten Lebenswelt ermöglichen.“ (KMK 2012)

Ausgehend von diesem Grundverständnis schulischer Medienbildung fordert die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK):

  • Medienbildung ist umfassend und schnellstmöglich im Gesamtsystem Schule zu verankern. Hierzu bedarf es neben struktureller Veränderungen des Lernens auch personeller und organisatorischer Veränderungen. Dabei ist die Erarbeitung von sich prozesshaft weiterentwickelten Medienbildungskonzepten sowohl auf der Ebene des Landes als auch auf der Ebene der einzelnen Schule unverzichtbar.
  • Medienbildung wird im Unterricht langfristig nur dann Erfolg haben, wenn dieses Thema als eine selbstverständliche Querschnittsaufgabe verstanden wird, die sich an zentraler Stelle in den Fachcurricula der Fächer, aber auch in fächerübergreifenden Lernarrangements nieder­schlägt. Dies meint natürlich auch die verbindliche Prüfungsrelevanz.
  • Die Förderung medienpädagogischer Kompetenz in Studium, Vorbereitungsdienst, Fort- und Weiterbildung sollte für Lehrer*innen obligatorisch sein.
  • Notwendig sind im Zuge dessen – und vor allem in einer Übergangszeit bis entsprechend ausgebildete Lehrer*innen in den Schulen ankommen werden – verbindliche Regelungen im Hinblick auf umfassende und systematische Fortbildungen.
  • Solche Qualifizierungsanstrengungen sind ohne zeitliche Entlastungen für das Lehrpersonal zum Scheitern verurteilt.
  • Durch wissenschaftlich begleitete Evaluationen ist fortlaufend in Erfahrung zu bringen, welche medienpädagogischen Kompetenzen Lehrende benötigen und welcher Struktur­veränderungen Schulen und Unterricht bedürfen.
  • Die Schulträger müssen sich bei Ausstattungs- und Technikfragen an didaktischen Über­legungen orientieren und Angebote der IT-Wirtschaft unter dieser Blickrichtung sorgsam prüfen.
  • Nicht zuletzt muss zur Unterstützung und Begleitung der Schulen eine prozessorientierte medienpädagogische Beratung flächendeckend angeboten werden. Hierzu sind alle Länder gefordert die vorhandenen Ansätze zügig auszubauen.

Eine Stellungnahme der Fachgruppe Schule und des Vorstandes der GMK.


Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) e.V.
– seit 1984 Bundesverband für Medienpädagogik und Medienbildung in Deutschland. Die GMK agiert als Netzwerk von Personen und Institutionen, die sich für Wissenschaft und Praxis der Medienbildung, Medienkultur und Medienpädagogik interessieren. Sie setzt sich für Medienbildung entlang der gesamten Bildungskette ein und bezieht in ihren Medienkompetenzbegriff neben technischen auch soziale, kulturelle, politische und ethische Aspekte ein. Die GMK vergibt gemeinsam mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) alljährlich den Dieter Baacke Preis, die bundesweite Auszeichnung für medienpädagogische Projekte. Mit dem GMK-Forum Kommunikationskultur veranstaltet sie mit internationaler Beteiligung die bundesweite Fach- und Netzwerktagung der Medienpädagogik. Die GMK ist in vielfältigen Fach- und Landesgruppen aktiv.

www.gmk-net.de | www.dieter-baacke-preis.de

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Dieter Baacke Preis 2018 – Jurysitzung
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