Stellungnahme der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) zur zweiten Anhörung zum Medienstaatsvertrag

Die GMK begrüßt den Entwurf als Beitrag zur Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendmedienschutzes, sieht aber einige Aspekte noch unterrepräsentiert, die teils im Entwurf sowie teils im Zusammenspiel aller relevanten Gesetze (JMStV, JuschG und SGB VIII) berücksichtigt werden sollten. Die GMK schlägt dringend diesbezügliche Änderungen/Erweiterungen vor:

  • In dem Entwurf sehen wir den wichtigen Anspruch avisiert, am Grundprinzip der Anbieterverantwortung festzuhalten. So wird das Durchsetzungsdefizit angegangen, u.a. im Ausland ansässige Anbieter zu adressieren. Zugleich bleibt offen, mit welchen Maßnahmen die Durchsetzung dieses Anspruchs geplant sind. Des Weiteren werden Regelungen formuliert, die den Anbietern Rechtssicherheit bieten. Dabei ist aber zugleich das Kindeswohl zu berücksichtigen. Hier erscheint es bez. § 5 beispielsweise notwendig, Bewertungsfunktionen UND technische Systeme zur Kontrolle durch Eltern als Maßnahmen zu verankern, da diese gerade in der Kombination eine bessere Erfassung entsprechender Inhalte ermöglichen.
  • Der im Vertrag angesprochene Versuch, auch Streaming-Anbieter wie Netflix einzubeziehen (hier „Video-Sharing-Dienste“ genannt) ist lobenswert, aber zugleich sehr schwierig. Zum einen werden hier die Eigenproduktionen nicht von der FSK geprüft, sondern es gibt ein eigenes Prüfverfahren mit den Altersstufen 7, 13, 16 und 18. Hier wäre es im Sinne der Nutzerfreundlichkeit wichtig, die in Deutschland üblichen Altersstufen einzuführen. Zum anderen sollte man pragmatisch und realistisch sein und erkennen, dass der MStV nur die „großen Fische“ und die offiziellen Anbieter regulieren kann, dass aus pädagogischer und jugendschützerischer Sicht aber die Probleme eher bei den illegalen Portalen wie Kinox.to, BurningSeries, YouPorn & Co. liegen. Diese können über den Staatsvertrag nicht reguliert werden, aber wir weisen darauf hin, dass man vor dieser Problematik nicht die Augen verschließen darf und dass dies eine große Herausforderung für den Jugendmedienschutz ist und bleibt.
  • Wichtig ist aus Sicht der GMK auch, weiterhin an einer altersbezogenen (eigentlich entwicklungsbezogenen) Differenzierung festzuhalten. Hierbei sind aber noch weitere Ansätze und Hilfestellungen notwendig, die Eltern helfen, Inhalte mit Blick auf die jeweilige Entwicklung des Kindes besser einzuschätzen und damit die medienerzieherische Praxis in den Familien bzw. der primären Bezugspersonen von Kindern und Jugendlichen zu unterstützen (Medienerziehung braucht mehr als technischen oder regulativen Jugendschutz). Hilfreich sind hier, neben den Altersfreigaben (die plattform- und regelungsbereichsübergreifend konsistent sein sollten), auch weitere Informationen zur Begründung der entsprechenden Einstufung. Hilfen zur Medienerziehung sollten demnach festgeschrieben werden.
  • Im aktuellen Diskurs ist ein Zusammenspiel von Schutz, Befähigung und Teilhabe eine zentrale Trias: Ansätze zur Befähigung fehlen bislang vollkommen in dem Entwurf, müssen aber dringend bei der Weiterentwicklung im Zusammenspiel der weiteren relevanten Gesetze berücksichtigt werden. Befähigung zur risikoarmen, kreativen und kritischen Teilhabe an der digital geprägten Gesellschaft sind zentrale Elemente eines guten Aufwachsens und einer pädagogisch unterstützten Entwicklung der Medienkompetenz (die breit gefasst ist und soziale, ethische, kulturelle und politische Aspekte neben technischen umfasst). Hierfür steht die aktuelle Medienpädagogik und hierfür setzt sich die GMK ein. Dazu gibt es viele gute Beispiele. Medienpädagogik sollte entsprechend im Gesamtkonzept verankert werden. Auch, weil es dringend notwendig ist, alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland mit entsprechenden Kompetenzen zu befähigen. Dieses ist besonders relevant, da Kinder und Jugendliche auch selbst Akteure in der Medienwelt sind und auch Jugendmedienkulturen prägen. Es gilt hierzu insbesondere die medienpädagogische Befähigung bei den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe zu verankern und zu stärken.
  • Um diese Prozesse zu forcieren und weiterzuentwickeln, ist zugleich Forschung notwendig, die die Entwicklungen begleitet, neue Formen der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen sowie in Familien verfolgt und damit dazu beiträgt, Ansätze und Maßnahmen aktuell zu halten. Zusätzlich sind Fachkräfte aus- und weiterzubilden, die diesen Prozess pädagogisch begleiten.

Grundsätzlich betonen wir, dass die Förderung der Medienkompetenz unerlässlich ist. Im Jugendschutz geht es eben immer auch um die Rechtssicherheit der Unternehmen, nicht nur um das Wohl der Kinder und Jugendlichen. Die medienpädagogische Arbeit mit Heranwachsenden und die Medienkompetenzförderung sind unverzichtbar – sie sollten nicht nur als Teilbereich des Jugendmedienschutzes angesehen werden, sondern als eigenständiger Arbeitsbereich von enormer Bedeutung.
Die GMK hegt die Erwartung, dass im Zusammenspiel aller einschlägigen Gesetze (JMStV, JuschG und SGB VIII) die notwendigen Akzente gesetzt werden.

Prof. Dr. Dorothee M. Meister und Sabine Eder (Vorsitzende), Dr. Friederike von Gross (Geschäftsführerin), in Abstimmung mit der GMK-Fachgruppe Netzpolitik

Kontakt:
GMK-Geschäftsstelle
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Tel.: 0521/677 88
E-Mail: gmk(at)medienpaed.de
Web: www.gmk-net.de

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„Medienbildung für alle – Digitalisierung. Teilhabe. Vielfalt.“: Beiträge vorab als Onlinepublikation abrufbar
36. Forum Kommunikationskultur 2019 der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur e.V. (GMK)